Der Blick in die Zeitung bleibt ein Wechselbad der Gefühle – das Gleiche gilt für den Blick auf den Goldpreis: Nachdem Gold kurz nach dem Erfolg des künftigen US-Präsidenten Donald Trump bei der Wahl in den Vereinigten Staaten regelrecht eingebrochen war, hat der Goldpreis in kürzester Zeit seine Schwäche wieder ausgeglichen. Es scheint ein kontinuierlicher Ausnahmezustand an der Börse und an den Rohstoffmärkten zu herrschen – wie könnte es weitergehen?
Eines steht fest: Mit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten ab 2025 steht die Weltwirtschaft vor neuen Herausforderungen – und vor einer neuen Phase der Unsicherheit. Trumps wirtschaftspolitische Ambitionen, geprägt von der „America First“-Agenda und Steuersenkungen für Unternehmen, werden die Dynamik der amerikanischen und internationalen Finanzmärkte entscheidend beeinflussen. Besonders im Fokus steht dabei die Entwicklung der Zinserwartungen.
Am Donnerstagabend hat Fed-Chef Jerome Powell gesprochen und weitere Hinweise zum Zinspfad für 2025 gegeben – und ein hohes Maß an Flexibilität betont. Powell warnte, dass die aktuelle Entwicklung der US-Staatsschulden nicht nachhaltig sei und langfristig wirtschaftliche Risiken berge. Die exzellente Entwicklung der US-Wirtschaft werde die Erwartungen auf weitere Zinserhöhungen dämpfen.
Doch nun kommt künftig mit Donald Trump ein Akteur ins Spiel, der auf die Unabhängigkeit der US-Notenbank wenig gibt. Trumps Wirtschaftspolitik hat das Ziel, das Wachstum in den USA anzukurbeln. Zu erwarten ist, dass er Druck auf die Fed ausüben wird, um eine expansive Geldpolitik und möglichst niedrige Zinssätze zu gewährleisten. Sein Geschäftsmodell: Günstige Kreditbedingungen könnten Unternehmen motivieren, in den USA zu investieren, was dem Finanzmarkt Auftrieb geben könnte. Gleichzeitig sinkt durch diesen Ansatz aber die Wahrscheinlichkeit weiterer substanzieller Zinssenkungen, was besonders für Anleger und Investoren wichtig ist – und für den Goldpreis.
Ein erhöhtes Wachstum der US-Wirtschaft könnte mittelfristig aber auch die Inflation ansteigen lassen. Damit würde der Druck auf die Fed wachsen, früher oder später die Zinsen anzuheben, was Investoren zum Umdenken veranlassen könnte. Das Verhältnis von Inflation und Zinsentwicklung wird daher in einer potenziellen zweiten Amtszeit Trumps zu einem wichtigen Balanceakt für die US-Notenbank.
Ein weiteres Thema dürfte spätestens Anfang 2025, wenn Trump wieder ins Weiße Haus einzieht, zusätzlich an Bedeutung gewinnen: Der wirtschaftliche Druck auf China und andere wirtschaftliche Konkurrenten: Die BRICS-Staaten, die in den letzten Jahren enger zusammengerückt sind, versuchen weiterhin, ihre Abhängigkeit vom US-Dollar zu verringern und alternative Handelswege zu etablieren – und nach der Wahl von Trump müssten sie ihre Anstrengungen eigentlich noch verstärken, denn Trumps Protektionismus wird zu einer verstärkten Konkurrenz mit den BRICS-Ländern führen – die Folge: Die globale Nachfrage nach dem US-Dollar und damit die Möglichkeiten der Verschuldung durch die USA werden abnehmen.
Sollte es Trump jedoch gelingen, durch gezielte Verhandlungen einzelne BRICS-Staaten in wirtschaftliche Abkommen zu integrieren, könnte dies das Gleichgewicht der Kräfte verschieben. Ein schwächerer Zusammenhalt der BRICS-Staaten könnte die US-Dominanz im globalen Finanzsystem stärken. Gelingt ihm dies jedoch nicht, könnte die Entkopplung vom Dollar weiter voranschreiten und die wirtschaftliche Vormachtstellung der USA langfristig unter Druck geraten.
Die Auswirkungen einer erneuten Trump-Präsidentschaft auf den Goldmarkt werden in den ersten Stellungnahmen von Marktbeobachtern und Analysten eher negativ bewertet: Eine starke US-Wirtschaft könnte zunächst zu einer geringeren Risikoaversion bei Anlegern und damit einem Rückgang des Goldpreises in US-Dollar führen. Das Wachstumspotenzial und die wirtschaftliche Erholung in den USA könnten Investoren zu anderen Anlageklassen als Gold treiben. Zudem könnten ein stärkerer Dollar und ein sinkender Inflationsdruck die Nachfrage nach Gold bremsen.
Trotz dieser Tendenzen gibt es auch Faktoren, die den Goldpreis stabilisieren oder gar steigen lassen könnten. Ein Anstieg der US-Staatsverschuldung und das Risiko einer höheren Inflation könnten Gold als Absicherungsinstrument attraktiv halten. Sollte Trump es schaffen, auf die Fed Druck auszuüben und eine weitere Lockerung der Zinspolitik zu erreichen, könnte das Anleger zurück in den "sicheren Hafen" Gold führen. Der Goldpreis bleibt daher sowohl von den Zins- als auch von den Inflationsentwicklungen in den USA abhängig – und eines steht fest: Die nächsten Jahre werden turbulent bleiben.
Wie schätzen Sie die wirtschaftspolitischen Ambitionen von Donald Trump ein? Wird seine Strategie den Goldpreis langfristig beeinflussen?