Sehr geehrte Damen und Herren,
es gibt wohl kaum einen Silber-Anleger, der diesen Schockmoment noch nicht erlebt hat: Die lang erwartete Lieferung mit neuen Silberanlagemünzen trifft beim Kunden ein und bereits beim Auspacken fallen kleine weiße Flecken auf der Oberfläche der Münze auf. Sie weisen meist eine unregelmäßige Form auf und sind teilweise durchsichtig. Ihre Erscheinung erinnert an einen Fleck, der entstanden ist, nachdem ein Glas Milch ausgekippt ist. Doch wer diesen Flecken mit einem Putztuch zu Leibe rücken will, wird feststellen, dass gegen die eigentümlichen Verunreinigungen kein Kraut gewachsen ist.
Bei Milchflecken handelt es sich um ein Phänomen, dass seit vielen Jahren in der Welt des Edelmetall-Investments zu Diskussionen führt und für das noch keine Lösung gefunden ist. Die so genannten Milchflecken tauchen ausschließlich bei modernen Anlagemünzen auf, beispielsweise beim Wiener Philharmoniker aus Österreich, beim Maple Leaf aus Kanada oder bei der Britannia aus Großbritannien. Diese geographische Verteilung macht deutlich, dass das Problem nicht auf eine einzelne Prägestätte beschränkt ist. Diese Erkenntnis macht die Problemlösung umso komplizierter.
In den vergangenen Jahren haben die großen Silber-Bullion-Produzenten umfassende Anstrengungen unternommen, um die Ursache für Milchflecken zu finden. Gelungen ist es ihnen bis heute nicht. Es gibt zahlreiche Erklärungsansätze. Als wahrscheinlich gilt, dass mikroskopisch kleine Verunreinigungen beim Prägevorgang dauerhaft in die Oberfläche der Münzen eingebracht werden. Allerdings haben zahlreiche Versuche, das Problem zu beheben, nicht zu einem Ergebnis geführt. Die Hygienevorschriften in den Prägestätten wurden mehrfach verschärft, doch die Milchflecken können bis heute nicht bekämpft werden.
Als führend bei der Bekämpfung von Milchflecken gilt die Royal Canadian Mint. Die Kanadier haben im Jahr 2018 eine besondere Oberflächenveredelung namens „MintShield“ für ihre Maple Leaf Anlagemünzen aus Silber präsentiert, mit denen das Problem der Milchflecken endlich der Vergangenheit angehören soll. Allerdings berichten immer wieder Anleger davon, dass auch die aktuellen Jahrgänge des Ahornblattes mit einer unansehnlichen weißlichen Schicht überzogen sind.
Auch wenn die Flecken sicherlich keinen Preis für Ästhetik verdient haben, ist die Aufregung rund um die Oberflächenveränderung bei Silberanlagemünzen nur teilweise berechtigt. Denn bei den meisten Bullion-Münzen handelt es sich nicht um Sammlerstücke, ihr Wert ergibt sich stattdessen aus dem tagesaktuellen Metallpreis. Und die meisten Händler nehmen keine Abzüge vor, wenn sie Silbermünzen mit Milchflecken ankaufen. Wer als Anleger auf absolut makellose Silberunzen Wert legt, sollte vor der Bestellung beim Händler seines Vertrauens nachfragen, wie dieser mit Milchflecken umgeht. So wird ein mühsamer und kostspieliger Umtausch einzelnen Münzen vermieden.
Ganz wichtig: Die Reinigung von Münzen mit Milchflecken ist nicht möglich, ohne die Münze zu beschädigen. Der Abrieb verursacht Schäden an der Münzoberfläche und sorgt im schlimmsten Fall dafür, dass die Münzen von Händlern nicht mehr angekauft werden. Auch das Vakuumieren, also das luftdichte Verpacken der Silbermünzen, soll nicht vollständig vor der Fleckenbildung schützen. Es ist deshalb ratsam, sich von den ärgerlichen Milchflecken nicht aus der Ruhe bringen zu lassen – Silberanlagemünzen behalten auch mit Milchflecken ihren Wert.